Schlagabtausch ums Kohlekraftwerk
Für die DEW könnte die angestrebte Beteiligung am Kohlekraftwerk Gekko in Hamm zur Schicksalsfrage werden, ließ DEW-Chef Helmut Engelhardt bei einer Podiumsdiskussion durchblicken. ...
... Falls die Beteiligung am Votum des Rates scheitere, werde sich der Strom für Dortmund ab 2012 um "50 bis 100 Mio. Euro" verteuern. Im Wettbewerb sei Gekko unverzichtbar, "sonst fliegen wir brutal aus dem Markt", so Engelhardt. Eingeladen hatten die Grünen ins Wichernhaus. Unter Moderation der Grünen-Landes-Fraktionsvorsitzenden Daniela Schneckenburger kamen neben Engelhardt auch der Nabu-Landes-Vorsitzende Josef Tumbrinck und der energiepolitische Sprecher im Landtag, Reiner Priggen, zu Wort.
Tumbrink und Priggen betonten, dass nach 50-jähriger Diskussion nun auch die konservativen Kräfte begriffen hätten, dass der Klimawandel menschengemacht ist und dramatische Folgen in diesem Jahrhundert haben wird. Beide erklärten, dass die beschlossenen Klimaschutz-Ziele von Angela Merkel richtig seien. Aber dann hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf.
Um die gesteckten Energiesparziele - minus 40 Prozent bis 2020 - zu erreichen, müsse insbesondere beim Kraftwerksbau umgedacht werden, weil fast die Hälfte der CO2-Ausstöße aus Kraftwerksschloten kämen. Zehn neue Kraftwerke seien aber aktuell in NRW geplant - und NRW sei schon jetzt Klimasünder Nummer eins. Priggen: "Das bedeutet: 80 Mio. Tonnen CO2 kämen dazu!"
Oder in Kraftwerksleistung ausgedrückt: "Wir brauchen neu nur 6000 Megawatt. Im Bau sind bereits 8500 Megawatt", so Priggen. "Und in Planung 40 000 Megawatt". Eine grandiose Fehlplanung für die Grünen, die diese Planung als inkonsequent anprangern. Offensichtlich werde in NRW für den Strom-Export geplant und gebaut.
Den Dortmunder Markt im Blick habe DEW bei der angestrebten 85 MW-Beteiligung am RWE-Kraftwerk in Hamm. "Was passiert, wenn wir aussteigen?" fragte Engelhardt. "Ich kenne 7, 8 Unternehmen, die würden unseren Teil gerne nehmen", versicherte der DEW-Geschäftsführer.
Das Kraftwerk werde so oder so gebaut, sagte Engelhardt unter dem Murren der 80 Zuhörer. Folge für Dortmund bei einem Ausstieg aus dem Projekt: Strom müsste teurer eingekauft werden.
"Dortmund findet es toll, wenn Energie ökologisch erzeugt wird", sagte Engelhardt, "aber wenn Strom teurer wird, wechseln 90 Prozent zu anderen Anbietern". Die Beteiligung werde also womöglich zur Existenzfrage. Gespannt schaue man deshalb auf den 13. Dezember, wenn der Rat über die Beteiligung abstimmt. Engelhardt sieht sich an der Beschluss der Gesellschaftversammlung (53% Stadtwerke/ 47 % RWE) gebunden, lässt aber durchblicken, dass die Gesellschafter sich von einem negativen Votum womöglich beeindrucken ließen und neu abstimmen würden. Wie berichtet, sind CDU, Grüne und Bürgerliste gegen eine DEW-Beteiligung an dem Kraftwerk.
Stadtwerke-Chef Guntram Pehlke bestätigte gestern auf Anfrage, dass man "sich noch keine abschließende Meinung gebildet hat". Das heißt: Nach dem Ratsbeschluss wird neu beraten.
Quelle: Westfälische Rundschau vom 6.12.07
OB setzt Kraftwerk erneut von der Tagesordnung ab
Nach WAZ-Informationen hat die SPD inzwischen eingesehen, dass sie mit der 107-Mio-Beteiligung an dem neuen Klimakiller - jährlicher CO2-Ausstoß: 8,9 Millionen Tonnen - nicht durchkommen wird.
Diese Einsicht wird nicht ohne Folgen bleiben: Wie die WAZ gestern aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfahren hat, wird Oberbürgermeister Dr. Gerhard Langemeyer den Beschlussvorschlag der Verwaltung für eine Beteiligung der DEW in der Ratssitzung am 13. Dezember abermals von der Tagesordnung zurückziehen - angeblich wegen Beratungsbedarfs.
Die Investition in das Steinkohlekraftwerk hätte auch keine Aussicht, eine Mehrheit zu finden. Die Grünen, Kooperationspartner der SPD, hatten von Anfang an signalisiert, dass eine Beteiligung an einem Kohlekraftwerk ohne die verbrauchsärmere und umweltschonendere Wärmeauskopplung für sie nicht in Frage kommt. Dann sah die CDU-Fraktion den Ball auf dem Elfmeterpunkt liegen und versagte ihre (von den Genossen vorausgesetzte) Unterstützung. Zuletzt sprang auch noch die Bürgerliste ab. Und selbst die FDP will nur noch mitmachen, falls die CO2-Abscheidung schon 2016 eingebaut wird.
Nur keine Abstimmungsniederlage im Rat
Die Entscheidung im Rat über die Kraftwerksbeteiligung einfach nur zu vertagen (auf die Februar-Sitzung), machte politisch wenig Sinn. ...
... Das Risiko für OB Langemeyer und die SPD-Fraktion, sich eine peinliche Abstimmungsniederlage einzuhandeln, würde ja nicht sinken.
Es sei denn, die Genossen veränderten den Gegenstand, über den abgestimmt wird. Und zwar so, dass sich die Chancen, eine Mehrheit zu finden, deutlich verbessern.
Täten sie das nicht, würde die politische Auseinandersetzung eskalieren. Mit unabsehbaren Risiken.
Denn Stand der Dinge ist, dass die Gesellschafterversammlung der DEW auf Empfehlung des Aufsichtsrats (gegen das Votum Mario Krügers, Chef der Grünen im Rathaus) die Geschäftsführung ermächtigt bzw. sogar beauftragt hat, die Verträge zur Kraftwerksbeteiligung endzuverhandeln und zu unterschreiben. DEW-Chef Helmut Engelhardt hatte immer wieder betont, er mache sich möglicherweise sogar der Untreue strafbar, falls er - mit Rücksicht auf das Stadtparlament - nicht unterschreibe und der DEW dadurch beim Strombezug eine Minderausgabe in zweistelliger Höhe durch die Lappen gehe. Nach WAZ-Informationen steht bereits im Januar ein Unterschriftentermin an.
Dem Firmenrecht täte Engelhardt Genüge, nicht aber der Gemeindeordnung. Die sagt, dass ein Rat Entscheidungen solcher Tragweite nicht delegieren darf.
Gut möglich, dass Guntram Pehlke, Vorstandssprecher des DEW-Mehrheitseigners DSW, den DEW-Chef noch in letzter Minute entlastet: Bei einer weiteren Gesellschafterversammlung zum gleichen Thema, die neue Beschlüsse fasst.
Quelle: WAZ vom 7.12.07