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Dortmund: Sozialticket: Stadtwerke rollen ins Defizit

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Die Stadtwerke fahren durch das billige Sozialticket ein wesentlich höheres Minus ein als geplant. Problem für die Stadt: Sie muss das geschätzte Minus von rund 5 Mio. Euro in diesem Jahr ausgleichen. Das beschloss der DSW-Aufsichtsrat.

Der politische Wille war klar: Ein billiges Sozialticket sollte her. Preis: 15 Euro. "Die Politik war davon nicht abzubringen", blickt DSW-Chef Guntram Pehlke zurück. Jetzt liegen erste Erhebungen vor und die übertreffen noch die Befürchtungen. Der springende Punkt: Viele der 20 000 Nutzer des Sozialtickets sind schon vorher Bus und Bahn gefahren. Und wer nur zweimal ein Viererticket im Wert von zusammen 15 Euro gekauft hat, fährt heute mit dem Sozialticket zum Sonderpreis.

Hinzu kämen 5000 Wechsler, die vom 40 Euro teuren Ticket 2000 auf das Sozialticket umsteigen. "Wir haben also keine Mehreinnahmen, sondern Mindereinnahmen", so Pehlke.

"Der Besteller des ganzen Spaßes ist informiert", sagt Pehlke. Entweder müsse die Stadt Mittel aus dem Sozialhaushalt "umschichten", so Pehlke, oder aber das Modell beenden. "Wir werden diese Beträge nicht bezahlen."

Zweiflern (siehe Reaktion Lokalseite 3) hält DSW-Vorstand Hubert Jung die Vergleichzahlen des VRR entgegen. "Während der VRR im Februar/März einen Rückgang von 7 Prozent verzeichnet, haben wir in Dortmund minus 14 Prozent." Der Rat müsse das Thema im September auf die Tagesordnung setzen. Die Stadtwerke sehen's gelassen: "Alles über 2 Mio. Euro hat die Stadt zu bezahlen."

An der Schmerzgrenze

Die Stadtwerke wollen sich von einer rot-grünen Ratsmehrheit, deren Schuldenpoliktik immer neue Blüten treibt, nicht schlachten und künftig auch nur noch klar begrenzt als Melkkuh missbrauchen lassen. ...

... Dieses Signal sandte der DSW-Aufsichtsrat am Dienstag aus.

Erstaunlich daran ist nur, dass der Aufsichtsrat seinen Funkspruch im Klartext absetzte. Offenbar aus Angst, die Gutmenschen im Rat könnten die Botschaft wieder nicht verstehen.

Im Unterschied zu den Mehrheitsverhältnissen im Stadtparlament haben die Stimmen der Arbeitnehmer im DSW-Aufsichtsrat viel größeres Gewicht. Und die Beschäftigten der Stadtwerke sehen vielleicht so gerade noch ein, dass sie - wegen des angeblich drohenden Wettbewerbs - auf breiter Front Lohnopfer bringen sollen, um den Kollegen im Klinikum für begrenzte Zeit unter die Arme zu greifen.

Aber: Bus- und Bahnfahrer sind kaum noch in der Lage, mit ihrer Arbeit die Familie über Wasser zu halten. Wie sollten sie einsehen, warum aus einer Kasse, die sie füllen, immer neue soziale Segnungen an die Langzeitarbeitslosen verteilt werden? Noch dazu zum Ausgleich dessen, was denen eine rot-grüne "Agenda 2010" wegnahm. Die Grünen mögen sich eine Politik nach dem Motto "Arbeit muss sich nicht lohnen" leisten können. Die SPD aber sägt den Ast ab, auf dem sie sitzt.

Quelle: WR vom 25.06.08

 

Geben und geben

"Problem erkannt", signalisiert die SPD und will mit den Grünen das millionenteure Sozialticket nachverhandeln. Was dabei herauskommen mag, lässt sich aus Erfahrungswerten und aktueller Gemengelage hochrechnen: Nichts Gutes.

Vielleicht ein höherer Preis. Aber nur, wenn sich die Grünen zutrauen, den damit verbundenen Gesichtsverlust wegstecken zu können. Sicher (und mit Erfolg) wird Rot-Grün die DSW bitten, Mutter Stadt die Forderungen zu stunden. Zumindest bis zur Kommunalwahl. Offenbar gibt es für Genossen und Grüne höhere Werte, als kraftvoll und verantwortlich zu handeln. Noch brauchen die Grünen die SPD. Ein Bruch würde ihre Leute im Verwaltungsvorstand ebenso akut gefährden wie ihre Lieblingsprojekte im Doppelhaushalt, mit denen sie im Wahlkampf wuchern wollen.

Noch braucht die SPD die Grünen. Schon in der nächsten Ratssitzung. Nach der unterdosierten Finanzspritze fürs Klinikum im Juni muss der Rat im September das Füllhorn weit aufreißen, um den Insolvenzrichter auf Abstand zu halten. Gib du mir, dann geb' ich dir - Politik auf kleinstem gemeinsamen Nenner. Wer stets obendrauf sattelt, muss über Werte nicht streiten. Nur: Lange geht das nicht mehr gut. Dann fliegt der kostspieligsten Bedarfsgemeinschaft Dortmunds der Haushalt um die Ohren.

Quelle: WR vom 26.06.08

Verschiebebahnhof

Was kostet uns die Stadt? Nerven, möchte man spontan ausrufen, vor allem wenn man Anteil nimmt am politischen Leben mit seinen rasanten Achterbahnfahrten, die in den letzten Wochen getarnt als Akt politischer Willensbildung an uns vorbei donnerten. ...

... Dies als Betrachtung am Rande.

Worum es eigentlich geht, ist, worum es immer geht: ums Geld. Laut Statistik steht jeder Dortmunder für seine Heimatstadt mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von über 2500 Euro in der Kreide. Das ist - wie gesagt - ein statistischer Wert und nicht einmal ein besonders dramatischer im bundesweiten Vergleich. Andere Großstädte - Essen, Köln - muten ihren Bürger da einiges mehr zu. Dennoch bleibt ein mulmiges Gefühl.

Denn irgendwann, so sagt uns der gesunde Menschenverstand (und nicht nur die Arnsberger Kommunalaufsicht), muss die Zeche bezahlt werden, die hier für die immer neuen Baustellen angehäuft wird. Baustellen, die Flughafen heißen und Klinikum oder - wie sich jetzt abzeichnet - Sozialticket. Wieder sollen es die Stadtwerke richten. Die städtische Nahverkehrstochter wird einmal mehr zum Verschiebebahnhof für die Finanzierung einer von der Politik versprochenen Wohltat. Wie lange geht das noch gut? Nach dem Aktionsplan "Soziale Stadt" droht wohl bald der Aktionsplan "Marode Stadtfinanzen."

Quelle: WR vom 24.06.08

 

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