SPD und CDU bringen Haushalt auf den Weg
Gegen die Stimmen von Grünen, FDP/Bürgerliste und Linken hat die „große Kolalition“ aus SPD und CDU am Donnerstag den Dortmunder Haushalt beschlossen. Gesamtvolumen: 1,8 Milliarden Euro.
Für wenige Minuten schien noch einmal Spannung aufzukommen: Ulrich Monegel, seines Zeichens CDU-Fraktionschef, redete fast mit Engelszungen auf Grünen-Fraktionschef Mario Krüger ein. Er schätze den Fleiß, die Akribie und die analytischen Fähigkeiten der Grünen. „Aber“, hob Monegel an und blickte zu Grünen-Fraktionschef Mario Krüger, „man muss auch am Erfolg der Arbeit interessiert sein. Diesen Eindruck vermisse ich zurzeit bei Ihnen.“ Und als Monegel die Grünen dann einmal mehr beschwor, nicht in „Totalopposition“ zu machen, da hatte man kurz den Eindruck, die Grünen könnten in sich gehen und dem Haushalt der Stadt doch noch zustimmen. Es sollte ein Eindruck bleiben.
Unausgesprochene „große Koalition“ aus SPD und CDU
Es war die unausgesprochene „große Koalition“ aus SPD und CDU, die den 1,8 Milliarden Euro schweren Gesamthaushalt 2010 gestern im Stadtparlament auf den Weg brachte. Gegen die Stimmen von Grünen, FDP/Bürgerliste und der Linken. Zwischen Einnahmen und Erträgen klafft eine Lücke von 96,82 Mio. Euro. Das Minus ist immer noch beängstigend hoch und zwingt die Stadt, die Sparschraube auch in den nächsten drei, vier Jahren festzuziehen und nicht zu lockern.
Defizit ist gesunken
Aber: Die Mixtur aus Sparbemühungen, Einnahmesteigerungen und Beiträgen der Stadt-Töchter ist es gelungen, das Defizit von Februar in Höhe von 138 Mio. Euro zu senken. Und zwar so weit, dass der Haushalt zumindest rein rechnerisch aufgeht und die Arnsberger Kommunalaufsicht den Etat eigentlich abnicken müsste.
Bemerkenswert: Während Haushaltsreden meist dazu benutzt werden, dem politischen Gegner die Leviten zu lesen, hielten sich die Fraktionen mit Angriffen und Polemik fast komplett zurück. Allein SPD-Fraktionschef Ernst Prüsse stichelte gegen seinen früheren Koalitionspartner, nannte die Grünen eine „reine Schön-Wetter-Partei, die sich in stürmischen Zeiten in ihr Oppositions-Schneckenhaus verziehen und keine Verantwortung übernehmen wollen.“ Die CDU, so Prüsse unter dem Gejohle der hinteren Reihen, verhalte sich da „ganz anders.“
Hohes Lied auf Stüdemann
Dann folgte das hohe Lied auf Kämmerer Jörg Stüdemann und die Stadt-Töchter. Stüdemann habe einen Haushalt vorgelegt, der es der Stadt erlaube, ihre Zukunft ohne Eingriffe aus Arnsberg eigenständig gestalten zu können. Auch Stadtwerke-Chef Guntram Pehlke habe letztlich eingesehen, dass es zur kommunalen Daseinsvorsorge gehöre, dass die Töchter (die städtischen Unternehmen) der Mutter im Ernstfall helfen - für den Haushalt 2010 mit rund 15 Mio. Euro. „Wir sind in Dortmund eben doch eine große Familie“, sagte Prüsse - und stieß bei Grünen-Vordenker Mario Krüger auf Kopfschütteln: Es sei nicht einzusehen, warum die Stadt-Töchter nicht stärker belastet würden
Der Westen vom 09.07.10
Höhere Kita-Gebühren sind vom Tisch
Tue Gutes und rede darüber. Das fällt der Stadtverwaltung zuweilen schwerer als das Gegenteil. Wenn der Haushalt nur schwer in den Griff zu bekommen ist, lässt man sich ungern in die Töpfe gucken. Immerhin: Die Kita-Gebühren werden nicht erhöht.
Zumindest aus Eltern- und Kindersicht gibt es viele gute Neuigkeiten: Steigende Kita-Gebühren und Zahlungen fürs zweite und dritte Kind sind vom Tisch. Die Vertretungen für die Schulhausmeister in den Ferien sind beschlossene Sache. Das Programm „1000 Schulen“ kann durchstarten. Und auch bei der Suche nach einer neuen Betriebsform für die 38 Jugendfreizeitstätten startet jetzt die Suche nach einem Weg, der für die Mitarbeiter nicht in einer Sackgasse enden soll.
Kitagebühren: Die Rechenspiele von Kämmerer Jörg Stüdemann, die Mehreinnahmen von 1,3 Millionen Euro in die Kasse spülen sollten, sind einmal mehr in der Schublade gelandet. Und das noch bevor die Papiere auf dem Tischen des Rates landen konnten. Nachdem sich massiver politischer Widerstand und Mehrheiten gegen die Pläne abzeichneten, zog der Kämmerer den Vorschlag zurück.
Kommen 30 Vertreter für Hausmeister?
Schulhausmeister: Keine zwei Wochen ist es her, da schlug der Personalrat, wie berichtet, Alarm. Für die 190 Schulhausmeister, die vertraglich gezwungen sind, in den Ferien Urlaub zu nehmen, seien nach Monaten der Warnung noch immer keine Vertretungen bestellt worden. Im Gegenteil: Der Kämmerer wolle den Kosten-Posten einsparen, um den Haushalt zu entlasten. Programmierte Probleme: Abgeschlossene Schulen in den Ferien. Keine Ansprechpartner vor Ort. Wie sollte der Offene Ganztag an den Grundschulen laufen? Wie die Bauarbeiten, die immer in den Ferien liegen? Was sollten die Vereine machen? Vielen offenen Fragen folgt jetzt eine Antwort „auf den letzten Drücker“, wie Schuldezernentin Waltraud Bonekamp auf Nachfrage bestätigt. Arnsberg und Kämmerei hätten die Bereitschaft signalisiert, doch 30 Vertreter für die Hausmeister einzusetzen.
„1000 Schulen“ Programm: Das Landesprogramm, das die Übermittagsbetreuung in weiterführenden Schulen finanziell unterstützt, kam zuletzt ins Stocken, weil die Gegenfinazierung durch städtische Gelder aufgrund der angespannten Haushaltslage wackelte. In seiner Sitzung am Donnerstag Abend segnete der Rat die Finanzierung ab. Schon in den Sommerferien sollen die 46 Schulen, denen je bis 100 000 Euro vom Land und der Stadt zustehen, in den Genuss der Mittel bzw. Maßnahmen kommen.
Jugendfreizeitstätten: Der Rat beschloss einen Prüfauftrag zur Zukunft der JFS. Dabei ist weniger an eine radikale Privatisierung und Auslagerung des Bereiches Kinder- und Jugendförderung gedacht als an die Gründung einer neuen Betriebsform, einer gGmbH, bestätigt Jugenddezernentin Waltraud Bonekamp. Das Jugendamt werde ein Konzept für eine „abgesicherte Trägerschaft“ entwickeln, das den Mitarbeitern der JFS berufliche Sicherheit garantiere. Den Protest der Sozialarbeiter, die ihre Forderungen vor der Ratssitzung kundgetan hatten, „kann ich komplett unterschreiben“, sagt Bonekamp. Die „Sprengkraft“ des Themas sei geringer geworden, glaubt Bonekamp.
Der Westen vom 09.07.10
Heinrich-Heine-Gymnasium: Ganztagsschule ohne Infrastruktur
Die Empörung der Elternschaft des Heinrich-Heine-Gymnasiums in Nette über das Vorgehen der Stadt und des Schulministeriums ist groß. Grund: „Nachdem das Ministerium für das Schulzentrum an der Dörwer Straße die Umwandlung zum so genannten gebundenen Ganztag genehmigt hat“, schimpft Schulpflegschaftsvorsitzende Ulrike Jägermann, „fehlen uns nun jegliche Voraussetzungen, um diese Vorhaben auch umzusetzen.“
Die Eltern sind ratlos, fragen sich, wie eine Ganztagsschule ohne Infrastruktur denn nun funktionieren soll. „Wir brauchen beispielsweise eine Mensa, in der unsere Schüler ein warmes Mittagessen bekommen oder ihre Pausen verbringen können“, betont Anja Winter, ebenfalls von der Schulpflegschaft. Der Umzug der benachbarten Hauptschule nach Mengede sei eine unabdingbare Voraussetzung, um genügend Raum für die Umsetzung des gebundenen Ganztages zu gewinnen und um zudem ein gymnasiales Lernen in entsprechend ausgerüsteten Fachräumen zu ermöglichen. Dieser Umzug, schlussfolgert die Schulpflegschaft, sei nunmehr in weite Ferne gerückt. Eltern und Schüler seien es leid, ständig nur weit vorn auf der Prioritätenliste zu stehen, fertige Planungen vorgesetzt zu bekommen. denen dann wieder keine Taten folgten, weil das Geld mal wieder für andere Maßbnahmen ausgegeben worden sei, kritisiert die Schulpflegschaft. Wie, fragt Ulrike Jägermann, soll Bildung eigentlich funktionieren und Erfolg haben, wenn für die im Ganztag vorgeschriebene einstündige Mittagspause auch nicht mal ansatzweise Räumlichkeiten noch finanzielle Mittel des Schulträgers zur Verfügung stünden? Und: Wie soll Bildung gelingen, wenn die Fachräume nicht angemessen ausgestattet seien? Bei einem Ortstermin mit Verwaltung und Immobilienwirtschaft sprach die Schulpflegschaft jüngst Mängel und Probleme an. „Wir warten auf die Freigabe der Mittel durch die Kämmerei. Die Profi-Kücheneinrichtung für die Übermittag-Betreuung im Rahmen des 1000-Schule-Programmes ist hier vor Ort mit rund 270.000 Euro veranschlagt“, sagte Dr. Vera Nienkämper-Hausmann von der städtischen Immobilienwirtschaft. Frage nun: Wo soll der gebundene Ganztag untergebracht werden. Ein Anbau steht in der Diskussion. Ebenso eine Aufstockung oder in bestehende Räumlichkeiten. „Die Frage ist noch ungeklärt. Natürlich wird die Schulleitung hier mit einbezogen“, so Frau Nienkämper-Hausmann. Angepackt werden soll in Kürze auch die Sanierung der maroden Fenster. Mittel aus dem Konjunkturpakett II stünden bereit.
Der Westen vom 09.07.10
DIE LINKE kritisiert Stellenstreichungen
Mit dem neuen Stellenplan und dem Sparhaushalt 2010 hat der Dortmunder Stadtrat beschlossen 400 Stellen in der Stadtverwaltung nicht mehr zu besetzen. 80 Stellen werden sogar ganz aus dem Stellenplan gestrichen. „Besonders ärgert uns, dass die Stadt sogar die Ausbildungsplätze auf nur noch 60 Azubis zusammen gestrichen hat. Das ist hinsichtlich der Zukunft unserer Jugend verantwortungslos,“ meint Dr. Petra Tautorat, Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Personalausschuss des Rates. Ein Antrag der Linken die vom DGB geforderte Ausbildungsquote von 7 % der Belegschaftgröße (=230 Azubis) umzusetzen, wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt.
Tatsächlich ist die Stadtverwaltung überaltert und leidet zusätzlich unter einer enormen Arbeitsverdichtung. Rund 270 Mitarbeiter scheiden jedes Jahr altersbedingt aus. „Hier nur wenige junge Menschen auszubilden, die die frei werdenden Stellen besetzen könnten, wird sich in einigen Jahren noch bitter rächen und die Leistungsfähigkeit der Verwaltung auf eine harte Probe stellen,“ so Dr. Tautorat. Die Fraktion DIE LINKE fordert die Vorlage eines langfristigen Personalentwicklungskonzeptes. Derartiges läge dem Rat bislang nicht vor.
„Es kann nicht sein, dass in einer so wichtigen Frage quasi in den Tag hinein gelebt wird, der Kontakt zu den Mitarbeitern und ihrer Personalvertretung beginnt abzureißen, während der Oberbürgermeister sich selbst zum Personaldezernenten ernennt und gegen den Willen aller Ratsfraktionen mit Herrn Plätz einen Amtsleiter im Personalamt einsetzt, der erklärtermaßen nicht das Vertrauen der Angestellten genießt“, kritisiert Dr. Petra Tautorat die derzeitige Personalpolitik.
Quelle: Pressemitteilung Die Linke vom 09.07.2010
Zunehmende Armut in Dortmund führt zu Steuereinbrüchen
Die Dortmunder Finanzämter verzeichnen Steuereinbrüche von 8,5% im ersten Halbjahr 2010. „Dieser Steuereinbruch war vorhersehbar“, so Utz Kowalewski, stellv. Fraktionsvorsitzender von DIE LINKE im Rat der Stadt Dortmund. In seiner Rede zur Haushaltsdebatte des Rates hatte Kowalewski bereits auf die Sonderstellung Dortmunds bezogen auf die niedrigen Einkommen der Dortmunderinnen und Dortmunder hingewiesen: Ein Rekordergebnis bei Hartz IV – insgesamt 82000 Dortmunderinnen und Dortmunder sind aktuell betroffen, 3000 mehr als im vergangenen Jahr. Gleichzeitig hat das statistische Bundesamt festgestellt, dass Dortmund nach Leipzig die größten Armutsrisiken aller deutschen Großstädte für seine Bürger aufweist.
„Wenn die Löhne wegbrechen und Leiharbeit und Niedriglöhne nach dem Strickmuster von Tedi aktiv gefördert werden, dann muss man sich über ein Wegbrechen des Steueraufkommens nicht wundern. Einem nackten Mann kann man schließlich nicht in die Tasche greifen. Wenn jeder fünfte Dortmunder ganz konkret von Armut bedroht ist, dann wirkt sich das auf die Binnennachfrage und das Steueraufkommen aus. Der Kaputtsparkurs der großen Ratskoalition verschärft das Problem noch, so dass die großen Unterschiede zu anderen Kommunen des Ruhrgebietes erklärbar sind. Im letzten Jahr war Dortmund nämlich noch an die Steuerentwicklung des Ruhrgebietes angekoppelt - in diesem Jahr werden wir offenbar abgehängt“, so Kowalewski.
Quelle: Pressemitteilung Die Linke vom 15.07.2010