Stadt als Retter für bedrohte Wohnquartiere
Für renditesüchtige Investoren, die mit Wohnungsverkäufen nach dem schnellen Euro schielen, soll Dortmund kein gutes Pflaster sein.
Die Stadt will nicht länger tatenlos zugucken, wie Wohnquartiere verfallen, weil sich die neuen Eigentümer auf die Investitionsbremse stellen, statt ihre Bestände in Schuss zu halten. „Vorkaufsrecht” heißt die Wunderwaffe, mit der die Stadt dem Treiben renditesüchtiger Fonds und anderer Akteure per Satzung ein Ende bereiten will. In Lanstrop-Nord hat sie diese Waffe bereits gezückt.
Dieselbe Gangart schlägt der Verwaltungsvorstand jetzt auch für rund 900 Wohnungen in Westerfilde vor. Die Großsiedlung im Zentrum links und rechts der Westerfilder Straße liegt größtenteils in den Händen zweier Eigentümer, darunter ein dänischer Fonds. Instandhaltung? Modernisierung? Mieterservice vor Ort? Alles Fremdwörter. Das Quartier steht (wie andere in Dortmund) auf der Kippe. Schon jetzt stehen 20 Prozent der Wohnungen leer. Es dürften einige hinzukommen: In einigen Straßenzügen will jeder zweite Mieter die Segel streichen und das Quartier verlassen. Was auf dem Wohnungsmarkt geschehe, könne nicht länger hingeommen werden, sagt Stadtdirektoru Ullrich Sierau. „Mit sozialer Verantwortung hat das nichts zu tun.”
Derlei Problemzonen gibt es zuhauf. Der Verkauf der 11 000 Dortmunder Wohnungen von LEG und Ruhr-Lippe an den „Finanzinvestor” Whitehall bereitet Mietern, Mietervereinen und der lokalen Politik schon Sorgen genug - auch wenn die Dogewo als kommunale Wohnungstochter Gewehr bei Fuß steht. Die Übernahme des Dorstfelder Hannibal .durch die Pleitefirma Janssen & Helbing entpuppte sich ebenfalls als Schuss in den Ofen. In Lanstrop-Nord stehen Quartiere auf der Kippe, in Westerfilde und möglicherweise auch im Jungferntal in Rahm - Ruhe herrscht quasi nur in den südlichen Stadtteilen Dortmunds.
Zwingen kann die Stadt die Eigentümer nicht, Geld für Modernisierung oder auch nur Instandhaltung auszugeben. Deshalb schlägt sie für Westerfilde (und vielleicht bald auch für Rahm) den Weg des „Vorkaufsrechtes” ein. Soll heißen: Will ein Großeigentümer seine Bestande an einen Interessenten weiterreichen, kann die Stadt per Satzung dazwischengrätschen. „Wir werden uns den Käufer und den Kaufpreis sehr genau ansehen”, kündigt Sierau an. Und zur Not selbst ins Geschäft einsteigen. Oder die kommunale Wohnungstochter Dogewo ins Rennen schicken, bei deren Renditeerwartung „nicht die Gier vor dem Komma steht”, wie Sierau formuliert. Voraussetzung: Ein solches Geschäft darf keine roten Zahlen abwerfen. Was die Dogewo aber tun dürfte: Sie kann selbst entscheiden, ob sie Alt-Bestände aufpoliert oder abreißt und lieber gleich neu baut.
Quelle: WR vom 26.05.09