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Tatsachen verdreht

Noch ein Leserbrief zum 1. Mai 2009 in Dortmund

Als jemand, der am 1. Mai die Ereignisse am Platz der Alten Synagoge miterlebt hat, bin ich einigermaßen erstaunt über die Darstellung oder besser Interpretation durch die Polizei. Ich war gegen 10.45 Uhr vor Ort, als 10 Minuten später, nachdem ein großer Knallkörper gezündet worden war, Hunderte von schwarz gekleideten, meist jungen Leuten, von denen einige vermummt waren, in den Stadtgarten stürmten. Richtig begreifen konnte ich auf die Schnelle nicht, was da abging. Zumal mir vorher erzählt worden war, dass die Polizei dafür gesagt habe, dass am Hauptbahnhof versammelte Neonazis Dortmund mit einem Zug verlassen würden. Das war offensichtlich nicht so. Die Neonazis schmissen nicht nur Flaschen und anderes, sondern wollten die zur Demonstration versammelten Menschen angreifen. Sie hatten allerdings nicht damit gerechnet, dass die Kurden, die sich am Ende des Demonstrationszuges einreihen wollten, sich nicht wehrlos verprügeln lassen würden.

Als diese ihre Fahnen umdrehten und damit ihrerseits Richtung Neonazis liefen, nahmen diese die Beine in die Hand und rannten Richtung U-Bahnhof davon. Wenn die Polizei den Eindruck erwecken möchte, dass sie die Neonazis von weiteren Gewalttätigkeiten abgehalten und abgedrängt hat, ist dieser nach meiner Meinung falsch.

Bleibt die Frage, warum die Polizei nicht die Abfahrt der Neonazis abgewartet hat, die sie nach ihren Angaben in einen Zug verfrachtet hatte. Insgesamt ist die Feststellung sicher nicht unberechtigt, dass auch angesichts der Schäden, die an Personal und Material der Polizei entstanden sind, diese sich am 1. Mai nicht durch strategisch und taktisch kluges Handeln ausgezeichnet hat. Durch einen Spin-Doctor in der Pressestelle der Dortmunder Polizei die Tatsachen verdrehen zu lassen, war ein ungeeigneter Versuch, bedauerliches Versagen zu vertuschen.

Richard Kelber


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