Die NPD verbieten
WAZ am 2.5.: Während deutlich weniger Neonazis als erwartet marschierten und die autonomen Gegendemonstranten für Randale sorgten, erlebte Dortmund eine "machtvolle Demonstration" des DGB am 1. Mai.
Als der Demonstrationszug des DGB gestern kurz vor Mittag von der Hohen- in die Saarlandstraße abbog, hatten die letzten Demonstranten gerade den Wallring gequert. Die Menschen in den Fenstern an der Hohen Straße - und nicht nur dort - mochten sich in Zeiten zurückversetzt fühlen, an die mancher Gewerkschafter nur noch mit nostalgischem Lächeln zu denken wagt. Und als Eberhard Weber eine knappe Stunde später unter dem Sonnensegel des Westfalenparks davon sprach, dass "Dortmund eine so machtvolle Kundgebung lange nicht mehr erlebt hat", musste man ihm - durchaus mit einem lachenden und einem weinenden Auge - Recht geben: 4000 Menschen bei der Mai-Kundgebung des DGB. Und um diese Zahl zu erreichen, hatte Weber nicht jedes einzelne Bein zählen müssen...
Die "machtvolle Kundgebung": sicherlich der Tatsache geschuldet, dass viele Dortmunder, die nicht unbedingt zu den regelmäßigen Teilnehmern einer Mai-Kundgebung gehören, gestern ein anderes Zeichen setzten wollten: gegen "Rechts", gegen die "Ewig-Gestrigen", gegen die Neonazi-Zusammenrottung in Dortmund. Und so ging von diesem 1. Mai gestern die Botschaft aus: Die Demokraten wollen den Rechten nicht die Straße überlassen. Oder wie es der DGB-Bundesvorsitzende Michael Sommer formulierte: "Die Gewerkschaftsbewegung weicht keinen Schritt vor den Rechten zurück. Wir überlassen denen nicht die Straße, nicht die Diskos, nicht die Fußballstadien - wir dürfen sie nirgendwo zulassen." Er sagte es mit großer Inbrunst, mit rhetorischer Professionalität. Und die Teilnehmer der Kundgebung "gegen Rechts" auf dem "Platz der alten Synagoge", mit der um 10 Uhr die Mai-"Feierlichkeiten" begonnen wurden, applaudierten.
Sommer in Dortmund? Für genau 20 Minuten - dann brach der DGB-Chef nach Gelsenkirchen auf, wo er gestern als Festredner auf der Mai-Kundgebung gebucht war. Aber schon vor Monaten - als der Nazi-Aufmarsch zum 1. Mai in Dortmund immer konkreter wurde - hatte Eberhard Weber seinen Kollegen Gewerkschafts-Boss gebeten, doch unbedingt einen Zwischenstopp einzulegen, um in Dortmund Flagge zu zeigen. "Deshalb bin ich hier", so Sommer, der seine kurze, aber eindrucksvolle Rede nutzte, um das "Verbot der NPD ohne Wenn und Aber" zu fordern. Damit der NPD, wie Weber assistierte, "das Schutzschild des Parteienprivilegs genommen" werden könne. Auch diese Forderung fand den lauten Beifall der Demonstranten - wie Sommers Satz, "1933 haben uns die Nazis den 1. Mai gestohlen", Gewerkschafter seien verhaftet, ins KZ gesteckt und getötet worden. "Das", und man spürte Sommer in dem Moment die Bewegung an, "vergessen wir nie".
Neben der 17-jährigen Schülerin Charlotte Murre (von den Falken) und Propst Andreas Coersmeier fand Superintendent Hartmut Anders-Hoepgen ebenso mahnende wie politische Worte: "Wir fordern die Rechtspolitiker auf, die Instrumente des Rechtsstaates zu prüfen und zu schärfen, damit uns eine solche Zumutung künftig erspart bleibt." Unmissverständlicher Hinweis des Vorsitzenden der ev. Vereinigten Kirchenkreise darauf, dass er die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Nazi-Aufmärschen nicht teilt. Wie sehr viele nicht.
Quelle: WAZ vom 02.05.2007 - Von Jörg A. Linden