Arbeitsplätze um jeden Preis
Um die durch Arbeitslosigkeit entstehenden Probleme in den Griff zu bekommen fällt auch den Dortmunder Verantwortlichen nichts besseres ein, als die Löhne immer weiter zu senken. Zwei Artikel aus den Ruhr Nachrichten:
Neuer Arbeitsplatz dank Kombilohn
Seit ihr Mann im vergangenen Jahr seinen Job verloren hat, muss Cornelia Giesa (48) wieder Geld verdienen gehen. Erst fand die gelernte Friseurin beim Diakonie-Kaufhaus "Jacke wie Hose" einen Aushilfsjob, jetzt hat sie in der gestern eröffneten Scharnhorster Filiale einen Vollzeitarbeitsplatz - dank der Förderung des JobCenters ARGE. Damit ist in Dortmund der erste sozialversicherungspflichtige Arbeitsplatz durch das neue Kombi-Lohn-Modell entstanden, erklärte Geschäftsführer Frank Neukirchen-Füser. Beim Kombilohn zahlt der Arbeitgeber den Bruttolohn an den Beschäftigten, die ARGE übernimmt 24 Monate lang den Arbeitgeberanteil der Sozialversicherungsbeiträge. "Die Subventionierung ist nichts Anstößiges", sagte der 46-Jährige bei der Eröffnung, "in der Industrie, dem Bergbau und der Landwirtschaft wird seit langem ein Großteil der Arbeitsplätze bezuschusst. Das ist auch im Niedriglohnsektor notwendig, um Wettbewerbsnachteile zu verringern." Das Interesse an dem neuen Modell sei groß, weitere Anträge lägen schon auf dem Tisch. Ein Problem sei allerdings die Befristung - nach zwei Jahren fällt die Förderung weg. "Ich hoffe aber, das die Politik in den kommenden zwei Jahren die Befristung kippt." - weg
EDG setzt auf "Billigtochter"
Mit einer neuen Tochtergesellschaft versucht die Entsorgung Dortmund GmbH (EDG) der privaten Konkurrenz Paroli zu bieten - nicht zur ungeteilten Freude der Arbeitnehmer. Denn die Löhne bei der Dortmunder Kommunalen Entsorgungsgesellschaft (Dokeg) sind deutlich niedriger als bei der EDG bzw. ihrer Entsorgungstochter Welge.
Letztlich zieht die EDG mit der neuen Gesellschaft die Lehren aus dem verloren gegangenen Auftrag für die Leerung der gelben Tonnen. Seit Anfang 2005 hat dies der private Entsorger Cleanaway übernommen - zu deutlich niedrigeren Konditionen. Auch die Dokeg arbeitet nun ebenfalls nicht mehr zu den Tarifen des Bundes Deutscher Entsorgungsunternehmen, sondern orientiert sich an dem mit der Gewerkschaft verdi ausgehandelten Tarifvertrag öffentlicher Dienst - wobei die Löhne der Dokeg etwas über der Entgeldgruppe 1 (1286 Euro brutto), also dem Einstiegsgehalt für einfache Tätigkeiten, liegen. Unter anderem wird befristet eingestellten Mitarbeitern u.a. von Welge bei einem Wechsel zur Dokeg die Übernahme zu den dann niedrigeren Konditionen der Dokeg angeboten - ebenfalls befristet.
"EDG und Welge würden ansonsten weitere Aufträge verlieren, weil sie mit den bisherigen Tarifen keine Chancen auf dem Markt mehr haben", begründet Unternehmenssprecher Matthias Kienietz das Vorgehen.
Und auch auf Arbeitnehmerseite akzeptiert man die neue Billigtochter zähneknirschend. "Wir sind mit der Marktsituation natürlich nicht glücklich. Aber es geht um den Erhalt von Arbeitsplätzen", erklärt Gesamtbetriebsratschef Hans-Peter Balzer. "Und bei uns haben die Betroffenen immer noch vernünftige Arbeitsbedingungen". - Oli
Quelle: Ruhr Nachrichten vom 15. September 2006