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Behinderte Frau in den Mühlen der ARGE

Der Weg ist die Qual. Dieses Schicksal sucht sich niemand selbst aus.

Claudia Reiß, 36 Jahre alt, geschieden, allein erziehende Mutter eines 14-jährigen Sohnes, erkrankt an Multipler Sklerose. Sie ist zu 80 Prozent schwerbehindert mit den Zusätzen "G" (für gehbehindert) und "B" (für ständige Begleitung in öffentlichen Verkehrsmitteln). Und sie ist arbeitslos. Seit vier Jahren. Zuletzt hatte die Dortmunderin als Kassiererin an einer Tankstelle gearbeitet, seit der Hartz-IV-Gesetzgebung bezieht sie Arbeitslosengeld II.

Schon lange hat Claudia Reiß ein weiteres Problem: Seit 2000 wohnt sie in der ersten Etage eines Mehrfamilienhauses an der Provinzialstraße in Bövinghausen. Ihre Wohnung zu erreichen, ist für die stark gehbehinderte Frau fast unmöglich. Einmal saß sie für mehrere Monate im Rollstuhl. Monate, in denen Claudia Reiß die Wohnung nicht verlassen konnte.

Dann endlich, nach vierjähriger Suche, hatte sie eine Wohnung im Erdgeschoss gefunden, in einem Viterra-Haus am Steinfurtweg in Kirchlinde. Und preiswerter als ihre jetzige war sie auch, kostete 387,77 Euro warm mit allen Nebenkosten statt 420 Euro aktuell. Glücklich stellte sich Reiß bei ihrem Sachbearbeiter für Schwerbehinderten-Angelegenheiten innerhalb der ARGE vor, der Arbeitsgemeinschaft von Agentur für Arbeit und Sozialamt.

"Er hat mir alles genehmigt, da die Wohnung ja nicht über dem gesetzlichen Grenzwert von 369 Euro plus Heizkosten lag. Und dann hat er mir alles wieder weggenommen, weil für mich als Schwerbehinderter und damit vermutlich nicht arbeitsfähiger Frau doch wohl eher das Sozialamt in Frage käme."

Claudia Reiß war wie vom Blitz getroffen, als der ARGE-Mitarbeiter ihr die Zusage für die neue Wohnung wieder entzog. Enttäuscht zog die allein Erziehende zum Sozialamt, von dort zum neuen JobCenter am Kaiserhain, von dort zum Wohnungsamt, um den Nachweis zu erbringen, dass ihr Sohn nicht etwa bei seinem Vater, sondern bei ihr, der Mutter, lebt. "Sonst würde mir ja nur eine kleinere Wohnung zustehen", sagt sie.

Fall für Einigungsstelle

Wirklich weitergeholfen hat ihr niemand. Bis sie zu den Ruhr Nachrichten kam und unsere Redaktion nachhakte: "Die Sachbearbeiter haben sich nicht korrekt verhalten. Das wird der zweite Fall für unsere Einigungsstelle zwischen ARGE und Sozialamt", versprach Stephan Kellner, Abteilungsleiter im Sozialamt. "Unserem zuständigen Mitarbeiter lag die Akte der Frau noch nicht vor", entschuldigte Gert Kohnke, Teamleiter bei der ARGE, die Startschwierigkeiten der neuen Behörde.

Erlösender Anruf

Prompt kam der erlösende Anruf bei Claudia Reiß. Ihr ARGE-Sachbearbeiter genehmigte die Wohnung samt Umzug, denn auch dafür muss die Arbeitsgemeinschaft aufkommen. Nächsten Dienstag darf Claudia Reiß bei Viterra den Mietvertrag für die neue Wohnung unterschreiben. Sie kann endlich wieder strahlen. "Ich bin überglücklich." - Ulrike Böhm-Heffels

Quelle: RN vom 15.07.05

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