Armutsatlas: Quote von 18 % - Aktionsplan hält dagegen
Armes Dortmund. Armes Deutschland. Hier mehr, dort weniger. – Mit dem ersten „Armutsatlas” hat der Paritätische gestern Armut eine Adresse gegeben. Für Dortmund (mit Unna und Hamm) geht die Studie von einer Armutsquote von 18 Prozent aus.
„Der Mensch lebt in der Region. Nicht im Durchschnitt.” Zu lange, sagte gestern Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen, habe man sich an bundesweiten Quoten orientiert. Die regionale Aufschlüsselung der Einkommen zeige die tiefen Klüfte zwischen einzelnen Regionen: 7,4 % im Schwarzwald, 27 % in Vorpommern. Dazwischen dümpelt die Region Dortmund als Schlusslicht in NRW (14,6 %). Hier wird immerhin jeder Siebte als arm eingestuft.
Was bedeutet das: arm sein? Wieder Durchschnittswerte: wer weniger als 740 Euro im Monat hat, gilt als arm. Bei Ehepaaren wird die Grenze bei 1 324 € gezogen. Kinder dagegen zählen deutlich weniger: Bei Alleinerziehenden kommen selbst drei Köpfe nicht an das Mindesteinkommen zweier Erwachsener heran (1177 €).
„Dass Armut zunimmt, sehen wir ja selbst”, betont Marianne Schobert, Geschäftsführerin des Paritätischen in Dortmund: Zum Beispiel bei der Wohnungsloseninitiative „Das Gasthaus” mit mehr als 200 Menschen täglich, in Kindertagesstätten, im Offenen Ganztag, an den monatelangen Wartelisten der Schuldnerberatung.
Dagegen hält Dortmund mit dem „Aktionsplan Soziale Stadt”. Hier werde vor allem das Thema öffentlich diskutiert und aus der Scham-Ecke heraus geholt. Allerdings, sagt Norbert Zimmering, Vorsitzender des Paritätischen, könne der Ruf nach mehr Bildung nicht alleiniges Mittel gegen Armut sein. Und können die Städte „nicht ständig das ausbaden, was Bund und Land auf anderer Ebene nicht geregelt bekommen”, fordern auch die Grünen einen nationalen Aktionstag.
Quelle: WR vom 18.05.09
Hochburg der Armut
Mit dem ersten „Armutsatlas Deutschland” hat der Paritätische Gesamtverband allen Bemühungen, Dortmund als aufstrebenden, dynamischen Wirtschaftsstandort ins Bewusstsein zu bringen, gestern einen herben Dämpfer verpasst.
Für die Westfalenmetropole und Umgebung (mit Unna und Hamm) geht die bundesweite Studie von einer Armutsquote von 18 Prozent aus. Damit liegt die Region östliches Ruhrgebiet deutlich über dem NRW-Wert von 14,5 Prozent. Dortmund könnte neben vielen hoffnungsvollen Markenzeichen nun auch den traurigen Titel einer Armutshochburg an Rhein und Ruhr für sich reklamieren.
Selbst in der vom Niedergang der Montanindustrie arg gebeutelten Emscher-Lippe-Region fallen der Studie zufolge „nur” 16,5 Prozent der Bevölkerung unter die Armutsgrenze. Noch schlechter als die Region Dortmund schneiden bundesweit besonders die ostdeutschen Länder ab. In Sachsen-Anhalt kann gut ein Fünftel der Bevölkerung als arm gelten, in Mecklenburg-Vorpommern sind es sogar über 24 Prozent. Als arm gilt gemäß EU-Definition, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügt. Die Armutsschwelle in Nordrhein-Westfalen liegt demnach bei 721 Euro.
Allerdings beruhen die Zahlen auf amtlichen Statistiken aus dem Jahr 2007. Die Studie ist folglich nicht gerade aktuell. „Dass Armut zunimmt, sehen wir ja selbst”, betont jedoch Marianne Schobert, Geschäftsführerin des Paritätischen in Dortmund: Zum Beispiel bei der Wohnungsloseninitiative „Das Gasthaus” mit mehr als 200 Menschen täglich, in Kindertagesstätten, an den monatelangen Wartelisten der Schuldnerberatung. Mario Krüger, Fraktionschef und OB-Kandidat der Grünen, sieht einen eigenen Bericht seiner Partei aus 2007 bestätigt. Krüger forderte gestern, Maßnahmen wie etwa das Sozialticket für Bussse und Bahnen fortzusetzen.
Quelle: WAZ vom 18.05.09
Armuts-Atlas NRW: In Dortmund leben die meisten Armen
Dortmund ist spitze! Leider auf unrühmliche Art. Denn mit 18 Prozent Armutsquote liegt die Region Dortmund im Armuts-Atlas des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in NRW vorn. Wir sprachen mit Marianne Schobert, Dortmunder Geschäftsführerin des Paritätischen.
Haben Sie die Daten überrascht?
Schobert: Nein. Wir stellen in vielen Bereichen fest, dass die Armut zunimmt - etwa bei der Wohnungslosen-Initiative Gasthaus, die von ständig steigenden Zahlen berichtet. Wir stellen aber auch eine zunehmende Kinder- und Familien-Armut fest. Da gibt es etwa immer mehr Familien, die sich in der Offenen Ganztagsschule das Mittagessen für die Kinder nicht leisten können.
Die Stadt hat vor Jahren einen Sozialbericht und den Aktionsplan soziale Stadt aufgelegt. Reicht das, oder muss mehr getan werden?
Schobert: Erst einmal ist es mutig, unangenehme Zahlen zur sozialen Lage selbst öffentlich zu machen. In anderen Städten wird das Thema Armut immer noch geleugnet. Wichtig ist jetzt, dass das Programm Soziale Stadt, wie vom Oberbürgermeister angekündigt, einen eigenen Titel im Stadthaushalt und eine Stabstelle zur Koordinierung bekommt. Dann kann man Projekte noch gezielter aufbauen.
Wie groß ist denn überhaupt der Einfluss der Stadt bei der Bekämpfung von Armut?
Schobert: Klar ist: Wir können nicht alles in Dortmund alleine stemmen. Land und Bund spielen eine große Rolle. Aber man kann als Kommune langfristig wirken, etwa in dem man versucht, allen Kindern die gleichen Bildungschancen zu geben. Da ist Dortmund dran. Und man kann Armut durch Maßnahmen wie das Sozialticket abfedern.
Quelle: RN vom 18.05.09
Armutsatlas: Jeder siebte Bürger gilt in NRW als arm
Jeder siebte Einwohner in Nordrhein-Westfalen gilt als arm. Er muss mit weniger als 721 Euro im Monat auskommen und liegt damit unterhalb der von der EU definierten Armutsgrenze.Das geht aus dem ersten Armutsatlas hervor, erhoben vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Die ärmste Region in Deutschland ist Vorpommern. Dort leben 27 Prozent der Bürger an oder unter der Armutsschwelle. Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg um Villingen-Schwenningen im Süden der Republik steht mit einer Armutsquote von 7,4 Prozent dagegen am besten da. Als arm gilt, wem weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung stehen. Verbands-Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider stellte den Atlas am Montag in Berlin vor.
Schlusslicht Dortmund
Der Auswertung (Stand: 2007) zufolge liegen die Armutsquoten in Ostdeutschland - wo die Arbeitslosigkeit ohnehin am höchsten ist - deutlich über jenen im Westen: In den Ost-Bundesländern zwischen 17,5 Prozent in Berlin und Brandenburg und 24,3 Prozent in Mecklenburg- Vorpommern. Die wenigsten Armen leben im Süden Deutschlands: In Baden-Württemberg und Bayern beträgt die Armutsquote im Durchschnitt zehn und elf Prozent. Im Bundesdurchschnitt liegt sie bei 14,3 Prozent.
In Nordrhein-Westfalen ist die Armutsquote im Ruhrgebiet am höchsten, angeführt vom Raum Dortmund mit 18 Prozent. Ähnlich hoch war die Quote im Emscher-Lippe-Raum (16,6 Prozent) sowie in den Regionen Bochum/Hagen (16,0 Prozent) und Duisburg/Essen (15,8 Prozent). Die wenigsten Armen gibt es im Münsterland, hier liegt die Quote bei 11,8 Prozent. Insgesamt lebt in Nordrhein-Westfalen jeder siebte Einwohner an oder unter der statistischen Armutsschwelle. Insgesamt 14,5 Prozent der Bevölkerung hatten 2007 weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung - das ist die EU-Definition von Armut.
"Sozial zerrissen"
Für Schneider zeigt die Auswertung, dass „Deutschland sozial und regional tief zerrissen ist“. In vielen Regionen gebe es einen „Teufelskreis der Verarmung“. Ohne rasches und gezieltes Gegensteuern sei die Verödung ganzer Landstriche nicht mehr aufzuhalten.
Schneider forderte, den Hartz-IV-Regelsatz von derzeit 351 auf 440 Euro zu erhöhen und die Konjunkturprogramme stärker regional auszurichten. Fördermittel dürften nicht länger wie bei der Abwrackprämie „mit der Gießkanne verteilt“ werden.
Wie groß ist denn überhaupt der Einfluss der Stadt bei der Bekämpfung von Armut?
Schobert: Klar ist: Wir können nicht alles in Dortmund alleine stemmen. Land und Bund spielen eine große Rolle. Aber man kann als Kommune langfristig wirken, etwa in dem man versucht, allen Kindern die gleichen Bildungschancen zu geben. Da ist Dortmund dran. Und man kann Armut durch Maßnahmen wie das Sozialticket abfedern.
Quelle: RN vom 18.05.09