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Deutsche Täter sind keine Opfer!

Über die Verleumdungskampagne gegen Thomas Schulz, aka „Schmuddel“: Im März/April 2008 begann der sogenannte Nationale Widerstand Dortmund und der Zusammenschluß der sogenannten Autonomen Nationalisten der „AG-Ruhr-Mitte“ im Verbund mit der rechtsradikalen Internetplattform „Altermedia“ die Geschehnisse um den Mord an den antifaschistischen Dortmunder Punk Thomas Schulz umzuschreiben.

Die nationalsozialistische Variante der „Autonomen Nationalisten“ sieht vor, dass Thomas Schulz mit 20 anderen den Naziskin Sven Kahlin angriff und Sven Kahlin sich verteidigen mußte und somit Schmuddel selbst dieSchuld an seinem Tod habe.

Ostermontag – 28.3.2005

Am Abend des Ostermontags (28.3.2005) um ca 19.00 Uhr wollteder rechte Skinhead Sven Kahlin mit einer Freundin in der U-Bahn-Station Kampstraße eine Bahn nehmen.

Sven Kahlin war zu diesem Zeitpunkt 17Jahre alt, zählte schon seit geraumer Zeit zur „Skinhead-Front Dortmund Dorstfeld“ und besuchte die Demonstrationen der „Kameradschaft Dortmund“. Juristisch war er schon zweimal aufgefallen. Zuletzt war er am 7.3.2005 wegen Körperverletzungin zwei Fällen (davon in einem Fall in Tateinheit mit Nötigung) verurteilt worden. Hierbei hatte er mit zwei anderen rechten Skins am 26.6.2004 in einer Bahn einen Punk bedroht und diesen dann hinterrücks angegriffen. (67 Ds 155 Js 481/04 = 31/05)

Am besagten Abend fuhren Kahlin und seine Freundin auf dem Weg zu den Bahnsteigen die Rolltreppen zu den Gleisen herab. Eine ca. 20 köpfige Gruppe Punks befand sich auf der gegenläufigen Rolltreppe auf den Weg nach oben. Es kam zu gegenseitigen Beschimpfungen. Unten an der Rolltreppe angekommen rief Sven Kahlin den Punks sinngemäß nach, wenn sie was von ihm wollten, sollten sie doch zu ihm herkommen. Die Punks waren auf dem Weg zu einem Konzert und allein der 31jährige Punk Thomas Schulz, auch „Schmuddel“ genannt, kam die Treppe herunter und wollte Sven Kahlin für seine Sprüche zur Rede stellen. Kahlin und seine Freundin gingen auf ihn zu und der Naziskin meinte, Thomas solle seine Klappe halten. Es kam zu einem Wortgefecht. Kahlins Freundin hatte kein Interesse an der Auseinandersetzung, versuchte Sven Kahlin zum Weggehenzu bewegen und zog ihn weg. Thomas Schulz folgte ihnen und versuchte den Disput weiter fortzusetzen. Was der stark Angetrunkene und Bekiffte aber nicht mitbekam, war der Umstand, dass der Nazi aus seiner Bomberjacke ein 15 cm langes, beidseitig geschliffenes Wurfmesser gezogen hatte. Dieses hielt Sven Kahlin so, dass die Waffe für Thomas Schulz verborgen blieb. Als die U-Bahn einfuhr stach Sven Kahlin unvermittelt und mit großer Wucht zu. Thomas Schulz brach zusammen und Kahlin und seine Freundin flohen. Trotz Notmaßnahmen des Notarztes auf dem Bahnsteig und einer Notoperation im Krankenhaus konnte Thomas Schulz nicht gerettet werden. Er starb am selben Abend.

Am nächsten Tag wurde die Leiche von Thomas Schulz obduziert. Dabei stellte sich heraus, dass der tödliche Stich zu Thomas Herz mit enormer Wucht ausgeübt worden war. Das Messer durchdrang Brustwand und Brustbein und durchstach beide Herzkammern. Der Stichkanal wies eine Länge von 15 bis 16 Zentimeter auf. Bei einer 15 Zentimeter langen Klinge. (Quelle: Urteil der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 17.11.2005)

Nach der Tat

allgemein


Für viele Jugendliche und AntifaschistInnen war der Mord an Thomas Schulz ein Schock. Lange Zeit hatten sie schon auf die vermehrten Aktionen der Naziszene, ihren steigenden Organisierungsgrad und ihre Gewalttätigkeit hingewiesen. Ihre Appelle zur Gegenwehr waren bei den Verantwortlichen der Stadt, der Polizei und der Presse auf taube Ohren gestoßen. Für die Stadt gab es das Problem so gut wie nicht. Die Presse wollte kein Nestbeschmutzer sein und verhielt sich entsprechend obrigkeitshörig. Und die Rolle der Polizei war es, einen Teil des Problems, nicht seine Lösung darzustellen.

Die Polizei verfolgte (und verfolgt) neonazistische Gewaltaktionen kaum, Großkonzerte von Nazibands wie z.B. in den Schürener Event-Hallen 2002 verheimlichte sie und antifaschistische Demonstrationen beantwortete sie mit Massenverhaftungen der jugendlichen AntifaschistInnen wie im Jahre 2000. (Siehe auch: DortmunderPolizei ermöglicht "Blood & Honour"-Konzert und Dortmunder Polizeikessel)

 

faschisten morden

Selbst der dreifache Mord an Kollegen aus dem Streifendienst durch den Dortmunder Nazi Michael Berger am 14.Juni 2000 schien die Dortmunder Polizeiführung keines Besseren zu belehren. Michael Berger, Mitglied der DVU und der REPs, Sympathisant der NPD und enger Freund Siegfried Borchardts drehte bei einer Personenkontrolle durch, erschoss einen Beamten und auf seiner Flucht zwei weitere. Die drei jungen Beamten waren unvorbereitet und hatten zur Gegenwehr keine Chance. Nach seinen Morden an Thomas Goretzki, Matthias Larisch und Yvonne Hachtkemper erschoss Michael Berger sich selbst.

Hans Schulz und die ermordeten PolizistInnen

 

Nach diesen Ereignissen ließ die „Dortmunder Kameradschaft“ via Aufkleber verlauten: „Berger war ein Freund von uns! 3:1 für Deutschland“. An die Hiltruper Polizeiwache wurde vier Meter lang und ein Meter hoch „3 weniger“ gesprüht. Unbekannte verwüsteten die Trauerstätte für die drei PolizistInnen und hinterließen die gesprayten Parolen: „Scheiß Bullen! Krepieren sollen sie alle! Elendig!“. Wiederrum andere Unbekannte legten vor dem Haus Michael Bergers in Dortmund-Hörde Blumen ab. (WAZ; 15. und 19.6.2000)

Berger-Aufkleber

 

Bis heute gilt scheinbar für den seit April 1993 amtierenden Polizeipräsidenten Hans Schulze die Devise „Dortmund - Streichelzoo für Nazis“. Unter seiner Ägide konnte die Dortmunder Naziszene das werden, was sie heute ist: Eine der größten und gewaltbereitesten NS-Parallelwelten im Westen der Republik.

Streichelzoo

 

In einem derart relaxten Klima für die Nazis und andererseits repressiven Klima für Antifas stellte der Mord an einem Antifaschisten eine abzusehende Tat dar. Was theoretisch möglich war, wurde in der Realität für viele im März 2005 zum Schock. Ein Schock, der einige in Dortmund (wieder) wachrüttelte. Am 2. April demonstrierten weit über 4000 Leute gegen neonazistische Gewalt.

 

Thomas Schulz

Mahnwache

 

Schon während der Mahnwache, die FreundInnen und Bekannte von Thomas am Tag nach der Tat für ihn auf der Verteilerebene der U-Bahn-Haltestelle Kampstraße abhielten, kam es zu den ersten weiteren Drohungen und Angriffen durch Nazis. Drohte am Nachmittag ein 23jähriger Nazi einem Punk der Mahnwache verbal „Ich stech Dich auch ab!“, so kam er in der Nacht vom 30. auf den 31. März wieder und griff die dort Anwesenden mit einem Messer an.

Zwei Nächte später, vor der antifaschistischen Demonstration am 2.April, klebten die sogenannten „Autonomen Nationalisten“ ein Plakat in Dortmund, mit dem sie AntifaschistInnen offen mit Mord drohten: „Wer der Bewegung im Weg steht, muss mit den Konsequenzen leben....Organisiert die Anti-Antifa“. Presserechtlich verantwortlich für diese Plakate war der Neonazi Axel Reitz.

Am Tag der Antifa-Demo veröffentlichte Siegfried Borchardt, genannt  „SS-Siggi“ und Alterspräsident der „Dortmunder Kameradschaft“, auf der Internetseite „widerstand.info“  einen Artikel mit dem Titel „Täter sind keine Opfer - no tears for punks“. In diesem relativiert er den Mord an Thomas Schulz.

Sven Kahlin bezeichnete die Dortmunder Naziszene umgehend als ihren „Kameraden“ und versorgte ihn mit einem renommierten Strafverteidiger: dem Dortmunder Rechtsanwalt Dr. Ralf Neuhaus.

 

Der Prozeß

Anwalt

Ende 2005 fand der Prozess gegen Sven Kahlin in Dortmund statt. Aufgrund seines Alters handelte es sich um ein Verfahren vor der Jugendstrafkammer des Landgerichts, womit laut des Jugendgerichtsgesetz der Ausschluss der Öffentlichkeit vorgesehen war. Am 17.11.2005 wurde Sven Kahlin wegen Totschlags zu einer einheitlichen Jugendstrafe von sieben Jahren verurteilt. Laut Ruhr-Nachrichten vom gleichen Tag soll Sven Kahlin seine Jugendhaft dazu nutzen einen Schulabschluß nachzuholen und eventuell eine Ausbildung zu machen.

allgemein

Die Anti-Antifa-Aktionen in Dortmund rissen nicht ab. Immer wieder kam es zu Pöbeleien, Angriffen und Überfällen. Im Alltag und am Rande von Demonstrationen, aber auch nachts: auf Privathäuser von AntifaschistInnen, wie bei der Familie Richter, der man die gleiche Bedrohung, wie nach dem Mord an Schmuddel zudachte: „Wer der Bewegung im Weg steht, muss mit den Konsequenzen leben!“. Gegen die alternative Kneipe „Hirsch Q“ oder den Buchladen „Taranta Babu“. Dazu eine permanente Propaganda für ein gewalttätiges Vorgehen der sogenannten „Anti-Antifa“ mittels Aufkleber. Auch mit gesprayten Mordaufrufen hielt sich die Naziszene nicht zurück.(link)

Anti-Antifa-Aktionen

 

Welche Ausmaße die kriminelle Energie, die Gewattätigkeit und die Bewaffnung der Dortmunder Naziszene angenommen hat, macht das Beispiel um Robin Schliemann und Sebastian Seemann deutlich.

Am 2. Februar 2007 überfiel der Dortmunder Nazi Robin Daniel Schliemann eine Plus-Filiale in Dortmund-Brechten und erschoss fast einen 59jährigen Kunden. Dieser überlebte die vier Schussverletzungen nur Dank einer  Notoperation. Infolge der Verhaftung des Täters und einer Behördenschlamperei kam für NRW der größte VS-Skandal seit Jahren ans Tageslicht. Ein Lünener Nazi und Mitglied der Dortmunder Naziszene, Sebastian Seemann, hatte nicht nur für diese das „Blood and Honour“- Netzwerk und internationale Kontakte gewebt. Er hatte die Dortmunder und NRW-Naziszene mit Sprengstoff und Waffen versehen. Nebenbei hatte er seine Taschen über einen schwunghaften Handel mit Kokain und heißen Tips für den Verfassungsschutz gefüllt. Zahlreiche interne Aussagen aus der Naziszene belegen, dass nicht nur die Dortmunder Szene bestens gerüstet ist für ihren „Kampf um die Straße“.(link)

Nicht zuletzt die Propaganda für die englische Terrororganisation „Combat 18“, die seit Jahren gezielt von dem Umfeld der Dortmunder Naziband „Oidoxie“ betrieben wird, deutet auf die Absichten der Szene hin. Allen voran tat sich dabei Dennis Guske mit seinen vielfältigen Ambitionen hervor.(Links: eins, zwei, drei, vier)

So filmte er am 12.5.2007 die Wittener Demonstration für linke Freiräume und stellte sie mit einem „Combat 18“ Logo auf seine InternetSeite „318-design“. (Die 3 steht hier für den 3. Buchstaben im Alphabet. Also „Combat18-design“)

dennis guske

 

 

Thomas Schulz

Vor der Demonstration zur Erinnerung an Thomas Schulz im Jahr 2007 verklebten die Dortmunder Nazis nicht nur die üblichen Anti-Antifa-Aufkleber, sondern auch ein Motiv, dass einen direkten Bezug zu dem Mord an Thomas Schulz aufweist. Ein blutverschmiertes Messer mit dem Satz: „Antifaschismus ist ein Ritt auf Messers Schneide“.

anti-antifa-aufkleber

 

Am 30.6.2007 – drei Monate später – initiierten die „Freien Kameradschaften“ aus NRW, allen voran Dortmund, Hamm und die „Nationale Offensive Schaumburg“ (NOS) eine Demonstration durch Herford.

Angemeldet wurde die Demo durch Sascha Krolzig unter dem Motto "Gesinnungsparagraphen abschaffen! - Freiheit für alle nationalen politischen Gefangenen!". Krolzig ist ein führender „Freier Kamerad“ aus Hamm und Mitglied des KDS. Gedacht war die Aktion als „Nationale Solidarität“ für „ihre inhaftierten Kameraden "Ernst Zündel, Germar Rudolf, Michael Regener und Axel Reitz. Als Redner taten sich Sascha Krolzig, Marcus Winter, Sven Skoda, sowie Claus Cremer von der NPD, hervor.

Vor allem aber ging die Marschroute an der Herforder Jugendvollzugsanstalt vorbei, in dem zu dem damaligen Zeitpunkt neben dem Hammer Christoph Drewer auch Sven Kahlin einsaß. Diese Beiden richteten Grußadressen an die rund 100 erschienenen Gesinnungskameraden. Sven Kahlin grüßte all seine „Kameradinnen und Kameraden, die heute hier erschienen sind um zu zeigen, dass es immer noch Menschen gibt die stolz auf ihre Herkunft sind und dies mit Leib und Seele vertreten, auch wenn wir dafür tagtäglich gejagt, inhaftiert und durch den Dreck gezogen werden...“ und schloss mit “aufrechten und kameradschaftlichem Gruß aus der JVA Herford“ (Quelle)

Selbstinszenierung auf Zentropa

 

Beschränkten sich die Naziaktionen der letzten Jahre noch auf das Anbringen von provokativen Aufklebern an der Antifa-Demoroute der „Schmuddel“-Demo, so änderten sie dieses Jahr ihr Konzept gravierend.

Sie führten am 29. März, zeitgleich zur „Schmuddel“-Demo, im Stadtteil Dortmund-Dorstfeld eine Demonstration unter dem Motto: „Keine Zusammenarbeit mit Israel – Landraub ist Völkermord“ durch – angeblich eine Spontandemonstration. Neben ihrem provokativen und antisemitischen Charakter, sollte die Demonstration den Machtanspruch in Dortmund dokumentieren, so die Parole unter einem Pamphlet der Nazis: „Dortmund ist, war und bleibt unsere Stadt!“

Nazi-Demo am 28.3.2008 in Do.-Dorstfeld

 

An der Rheinischen Straße, der Verbindungstraße zwischen Dorstfeld und der Dortmunder City, hängten sie in unmittelbarer Nähe zum Donnerschlag ein großes Transparent aus Fenstern. Hierauf war der Kopf eines Punks zu sehen mit der Parole „Good night left side“. Des weiteren „Dortmund ist unsere Stadt und wird es auch bleiben“, „Nogo area“, „Gegen linke Hetze“ und „Fight back“. Garniert war das Ganze mit zwei Reichsfahnen.

Das ganze „Ensemble“ war wohlbehütet von einigen abgestellten PolizistInnen.

No-Go-Area?

 

Diese Nazi-Demonstration sollte die Antifa „vorführen“, einem Dilemma aussetzen. Wären die Antifas auf die Provokation eingegangen, hätte die seit langem beworbene Demonstration zum Gedenken an Thomas Schulz nicht stattfinden können. So mussten die Antifas zähneknirschend die Demonstration der rund 150 Nazis im „rechtsautonomen“ Stil in Dorstfeld stattfinden lassen. Das war das Kalkül der Nazis. Sie konnten ungestört durch Dorstfeld demonstrieren, als sei es das normalste der Welt.

Polizei, Zivilgesellschaft und die bürgerlichen AntifaschistInnen (BgR und AG gegen Rechtsextremismus) hatten die Segel ehedem schon längstgestrichen.

Die gut durchdachte Taktik der Nazis erwies sich als für sie erfolgreich.

Die Kampagne der Dortmunder Nazis

Am 26.3.2008 veröffentlichten die Nazis des sogenannten „Nationalen Widerstands“ Dortmunds auf ihrer Website einen Artikel mit dem Titel „Jedes Jahr das Gleiche – Verdrehte Wahrheiten in Dortmund“. Dabei ging es um die „Schmuddel Gedenkdemo“.

Neben einigen zusammengegoogelten „Erkenntnissen“ über die Dortmunder Antifa-Szene, die einen nationalsozialistischen Wissensstand über ihre Feinde suggerieren soll, enthält er die Kernaussagen der Diffamierungs- und Desinformationskampagne der Nazis zu Thomas Schulz, alias „Schmuddel“.

Zum einen wird „Schmuddel“ entpolitisiert, in dem ihm ein antifaschistisches Bewußtsein abgesprochen wird. Der antifaschistischen Bewegung wird die Instrumentalisierung seines Todes unterstellt.

Des weiteren soll Thomas Schulz, zusammen mit 20 Punks, Sven Kahlin und seine Freundin in die Enge getrieben und mit einem Messer angegriffen haben. Daraufhin hätte Kahlin sein Messer gezogen und zugestochen. Also, statt einer Überrumpelung und Mord an einen betrunkenen Unbewaffneten durch einen Nazi, ein Akt der heroischen Selbstverteidigung eines „Kameraden“ gegen eine (teils) bewaffnete Übermacht. Und dieser Kamerad sitzt als Opfer in „Systemhaft“, so die Mythenbildung der Nazis. Um einen Hauch der Beweisführung zu suggerieren wird in einer Fiktion aus „Tausendundeinem Reich“ von einem öffentlichen Prozess phantasiert. Ebenso, dass hier die Bewaffnung von Thomas Schulz zu Tage getreten sei.

Der Artikel wird beendet mit den Parolen: „Der Lüge entgegen treten!“ und „Dortmund ist unsere Stadt!“
Gekürzt erschien dieser Artikel am selben Tag auf der Website der „AG Ruhr-Mitte“. Unter dem diffamierenden Titel: „So versucht die Antifa aus einem Säufer einen Helden zu machen!“ verlängerte das rechte Indymedia-Plagiat „altermedia“. Hier wird Thomas Schulz zu einem„Totalversager“ und „Bahnhofspenner“, “dessen Ableben so für die Gesellschaft eigentlich nicht den geringsten Verlust darstellt.“ und dass der „Ausgang dieser Auseinandersetzung eigentlich das Beste war, was diesem Bahnhofspunk passieren konnte ... andernfalls hätte er sich vielleicht irgendwann zu Tode gesoffen ohne, dass es überhaupt irgend jemanden interessiert hätte.“

Dementsprechend menschenverachtend und mit Vernichtungsphantasien bestückt ist die Kommentarleiste. Mit Sicherheit interessant ist folgender Kommentar auf altermedia:

Albatros // Mar 26, 2008 at 15:01
Gestern besuchte ich den Kameraden Sven K. in der JVA Geldern. Er sitzt mittlerweile seit ziemlich genau drei Jahren unschuldig in Haft. Gemessen an diesen traurigen Umständen ist seine Verfassung erstaunlich gut, er hat eine Einzelzelle und einige Kameraden als Mithäftlinge. Sven wird außerdem von der HNG betreut, hat regelmäßig Briefkontakt mit Kameraden und empfängt Besuche. Außerdem zeigte sich Sven sehr froh, daß die wahren Umstände der “Tat” nun endlich ans Licht kommen und der antifaschistischen Lügenmär vom “besoffenen Skinhead”, der brutal einen “harmlosen Punker” erstochen hätte, endlich entgegen gewirkt wird.
Freiheit für Sven K.!
Freiheit für alle Nationalisten!

Zur aktionistischen Abrundung ihrer Kampagne zogen zwei Tage später am Freitag, den 28.3.2008 rund ein Dutzend „Nationalisten“ vor ein alternatives Kulturzentrum in Recklinghausen und postierten sich dort mit den beiden Transparenten: „Nationaler Widerstand“ und„Antifas sind keine Opfer – Sondern Täter“. Auf der Website der „AG Ruhr-Mitte“ ließ der „Nationale Widerstand Recklinghausen“ in einem Kurzelaborat die jetzt weitreichend bekannte Story der Kameraden aus Dortmund vom Stapel und kündigte an: „Auch in der Zukunft wird es heißen: Schluss mit Unwahrheiten und falschen Opfermythen - Notwehr ist rechtens!“

Nun kann man sich natürlich fragen, warum sich Antifas (und dazu noch aus einer anderen Stadt) mit derartigen Lügendreck Dortmunder Nazisauseinander setzen. Wir bekamen mit, dass Jugendliche aus dem Umfeld der Antifa, aber auch Antifas selber, bei  der Darstellung der Nazis über denTathergang unsicher wurden. Bei den Verunsicherten handelte es sicheinerseits um sehr junge Antifas, die die Ereignisse von 2005 nicht mitbekommen haben. Andererseits um Personen, die für ihre eigene Argumentation auf gut recherchierte Informationen setzen und sich nicht auf Gerüchte, Vorurteile oder allein bürgerliche Presseartikel verlassen. Diese glaubten der NS-Darstellung des Tathergangs in keiner Weise, sahen sich aber nicht in der Lage eine adäquate Beschreibung des Tathergangs vorzuweisen. Über diesen Umstand entdeckten wir den Mangel an genauer Information zu dem Mord an Thomas Schulz und dem damit entstehenden Einfallstor für NS-Mythenbildung.

Dass die Umkehr des Ursache-Folge-Prinzips zum gängigen Stil des NS aus Lügen, Verdrehungen und Halbwahrheiten gehört, ist nicht Neues. Das ssolche Glaubenssätze zur Selbstversicherung der NS-Parallelwelt dient und deren Gefolgschaft bei der Stange halten soll, ist ebenfalls nicht Neues.
Aber diese Art der  Mythenbildung im Fall von Thomas Schulz zielt auf mehr ab. Sie baut auf die Vergesslichkeit und die Schnelllebigkeit der heutigen Gesellschaft. Mythos und Desinformation soll die Wahrheit verdrängen. In einer Jugendszene wie in Dortmund, wo der Mord an einem Jugendlichen ganz klar eine „Altlast“ darstellt, dieder Ausbreitung der NS-Ideologie unter den Jugendkulturen hinderlich erscheint, muss diese „Altlast“ mit einem Mythos von Rechts bekämpft werden. Wenn Antifas schon nach drei Jahren mit leichter Verunsicherung darauf reagieren, wie soll es erst in einigen Jahren sein? Dann heißt es einfach: Aussage steht gegen Aussage, und wer mir in den Kram passt, dem glaube ich. Eine Mythenbildung, die der Dortmunder Naziszene helfen soll noch mehr Fuß unter den Jugendlichen zu fassen. Eine Mythenbildung die auf den Faktor Zeit setzt und zukunftsorientiert auf Nachhaltigkeit abzielt.

Wir  glauben, dass diese Kampagne mit Bedacht installiert wurde und dass sie von den Dortmunder Nazis strategisch überlegt ist und taktisch eingesetzt wird. Sie flankiert die Kampagne „Beweg was in deiner Stadt“, die Anti-Antifa-Kampagne und den Aufmarschmarathon.

Dass bekräftigt uns in der Annahme, dass sich für Dortmund Nazis zusammengesetzt haben, die sehr genau wissen, was sie wollen und die nicht zu unterschätzen sind. Auch in der Annahme, dass für die Stadt Dortmund eine Art Laboratorium besteht, wie neue/alte NS-Strategien umzusetzen sind.

Aus diesen Gründen halten wir es für sehr wichtig dieser rechten Mythenbildung entgegenzutreten.
Da wir den Informationsmangel über den Tathergang als Einfallstor der Mythenbildung sahen, haben wir versucht an authentische Informationen über den Tathergang und den Prozess heranzukommen. Schließlich sind wir auf das schriftliche Urteil des „Schmuddel“-Prozesses gestoßen. Man findet es auf der  Rechtsprechungsdatenbank Nordrhein-Westfalen (NRWE). Die Rechtsprechungsdatenbank NRWE ist eine kostenfreie und für jedermann über das Internet zugängliche Online-Datenbank, in der alle Entscheidungen nordrhein-westfälischer Gerichte, an denen ein öffentliches Interesse besteht, in anonymisierter Form (Datenschutz der Prozessbeteiligten) eingestellt werden und online im Volltext abgerufen werden können. Das „Schmuddel“-Urteil kann unter http://www.justiz.nrw.de/RB/nrwe2/ eingesehen bzw. abgerufen werden. Unter dem Kürzel : 14 (I) K 3/05 ist das gut 15 seitige Dokument zu finden.

Selbstverständlich setzt unsere Bezugsnahme/Heranziehung eines Urteils eines staatlichen Gerichts unsere antikapitalistische Position und die generelle Kritik an autoritärer Gerichtsbarkeit nicht außer Kraft. Nun hat der Staat aber derzeit die Macht und seine Gerichte den Zuspruch des Großteils der Bevölkerung. Das heißt, dass er im Falle von Interessenskonflikten und Grenz/Gesetzesübertritten Menschen zu einem Gerichtverfahren vorladen und als Zeugen befragen kann. So bleibt uns mal nichts anderes übrig, als mit diesen Unterlagen zu arbeiten.

Die zahlreichen Zeugenaussagen von Personen, die zufällig am Ostermontag mit auf dem Bahnsteig oder in der U-Bahn waren, sprechen für sich. Lest selber. Eine Kommentierung des Urteils ersparen wir uns und euch.

Wir fordern euch auf diesen Text und den link zu dem Urteil zu verbreiten. Auf Schüler-, Studi-, Polit- und anderen Internet-Foren.

„the harder they come, the harder they fall“

Quelle: Azzoncao, ein Polit-Cafè
              http://nadir.org/azzoncao

              indymedia vom 08.07.2008

 

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