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Hohe materielle und sprachliche Armut

Marten ist arm. Zu arm, wie die Bürger selbst konstatieren. Die "Spirale der Mittellosigkeit" schraube sich weiter hoch. Und mittendrin hängen vor allem die Kinder.

Was für viele nur abstrakte Zahlen sind, stellen sich für Ulrike Dreps, stellvertretenden Leiterin der Friedens-Grundschule, als konkrete Erlebnisse dar. Sie schilderte am Mittwoch bei der Auftaktveranstaltung "Aktionsplan Soziale Stadt" im Pfarrzentrum am Sadelhof, wie es den Kindern in Marten ergeht.

Ihr Bericht war ernüchternd: Erst letztens ging sie mit ihren Schützlingen auf Klassenfahrt. "Für neun von 25 Kindern bezahlte die ARGE die Kosten", erzählte Ulrike Dreps. Sie bemerke sehr deutlich, dass den Familien immer weniger Geld zu Verfügung stehe. "Viele Schüler haben nichts zu essen, sie warten oft auf die Reste, die von unseren Betreuungskindern übrig bleiben", so Dreps.

Die Lehrerin stellt jedoch nicht nur materiellen, sondern auch emotionale, psychische und sprachliche Armut fest. "Von 39 der kommenden Schulanfänger müssen zwölf einen Deutschkurs belegen - und diese zwölf sind keine Migrantenkinder." Es seien Kinder, die in deutschen Familien absolut spracharm aufwachsen. Dreps: "Sie kennen keine Präpositionen, wissen nicht, was sie tun sollen, wenn man sie beispielsweise auffordert, den Teddy auf den Stuhl zu setzen."

Die Lehrerin und ihre Kolleginnen der anderen Grundschulen bestätigten damit die Fakten des Berichtes zur sozialen Lage in Dortmund, die zuvor Kordula Leyk vom Familienprojekt Dortmund erläuterte. Auf Grund dieser Fakten sollen Bürger, Verbände, Politik und auch Gewerbe vor Ort gemeinsam mit der Verwaltung Strategien entwickeln, die aus dieser Misere heraus führen.

"Marten gehört zu den Sozialräumen, der überdurchschnittlichen Handlungsbedarf aufweist", konstatierte Kordula Leyk. Die Quote der SGB II-Beziehenden, das heißt der Leistungsempfänger von Grundsicherung für Arbeitssuchende, sei deutlich höher als das gesamtstädtische Mittel. Zudem sei der Einkommensindex deutlich niedriger, die Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen deutlich höher. Und, was besonders auffalle: "Es gibt unterdurchschnittlich wenig Übergänge von der Grundschule zum Gymnasium", sagte Leyk. Der Stadtteil Germania schneide dabei noch schlechter ab als Marten.

Es bestehe also großer Handlungsbedarf, um Marten sozial wieder nach vorne zu bringen. Nun seien vor allem die Ortsansässigen gefragt, gemeinsam könnten sie Projekte und Maßnahmen entwickeln. Einen ersten Schritt taten die potenziellen Akteure am Mittwoch. Gemeinsam diskutierten rund 50 Vertreter aus Jugendarbeit, Verbänden, Gemeinde, Gewerbe und Politik sowie interessierte Bürger mögliche Lösungsansätze, um die soziale Schieflage wieder gerade zu rücken.

Quelle: Westfälische Rundschau vom 3.4.08

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