Kündigungen: "Wir sind die 50 Versuchskaninchen"
"Bisher hat es bei ThyssenKrupp noch keine betriebsbedingten Kündigungen gegeben. Wir sind jetzt die 50 Versuchskaninchen", meinte gestern ein Tailored Banks-Beschäftigter. Ein anderer fügte an: "Erstmal müssen wir vom Schlimmsten ausgehen. Letztlich treffen wir uns doch alle beim Arbeitsamt wieder."
Keine Frage, die Stimmung unter der Belegschaft von ThyssenKrupp Tailored Blanks war äußerst gereizt. Was kaum verwundert. Einen Tag zuvor hatten die 51 Beschäftigten erfahren, dass ihr Werk zu Ende September geschlossen werden soll. Das Drama für die Beschäftigten: Betriebsbedingte Kündigungen wurden nicht ausgeschlossen.
"Hier ist ja nix mehr investiert worden. Dass das Werk geschlossen werden soll, damit haben wir ja gerechnet. Aber frühestens in zwei, drei Jahren", erklärt Thorsten Hagemann. Der 37-Jährige hat noch bei Hoesch seine Lehre absolviert und bei Tailored Blanks die Anlagen mit aufgebaut. Eigentlich sitzt er bereits auf einem Ersatzarbeitsplatz. Den hat er bekommen, als die Flüssigphase auf der Westfalenhütte dicht gemacht wurde. Jetzt droht dem Vater einer Tochter zum zweiten Mal der Verlust seines Arbeitsplatzes.
Wenig Verständnis dafür, dass ThyssenKrupp Kündigungen nicht ausschließen will, hatte auch der Betriebsratsvorsitzende Dirk Schenk (35): "Es kann doch bei einem Konzern dieser Größe kein Problem sein, die paar Leute unterzubringen." Bisher hat TKS nur zugesagt, etwa der Hälfte der Belegschaft andere Arbeitsplätze anzubieten. "TKS hat noch nie so viel Geld verdient. Und jetzt lassen sie die Beschäftigten am langen Arm verhungern", war auch Ulrike Kletezka von der IG Metall aufgebracht. Der TKS-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Willi Segerath ergänzte: "Ein Unternehmen, das global handelt, hat auch regional Verantwortung zu übernehmen. So kann man mit Menschen nicht umgehen." Alle waren sich einig: "Ohne die Zusage, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt, gibt es keine Verhandlungen". - kiwi
Quelle: Ruhr Nachrichten vom 12. April 2006