Statt Pfleger Ein-Euro-Jobber beschäftigt?
Verdrängen Arbeitsgelegenheiten reguläre Beschäftigungsverhältnisse? Und nehmen es die Arbeitgeber bei Ein-Euro-Jobbern mit ihrer Fürsorgepflicht nicht so genau? Fragen, die der Fall Agnietzka Y. (Name der Redaktion bekannt) aufwirft.
Die 30-Jährige mit Hauptschulabschluss, aber ohne Ausbildung bezieht seit 1999 Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II. Jetzt, wo ihre zwei Kinder, sechs und acht Jahre, etwas größer sind, will sie eine Ausbildung zur Altenpflegerin machen. Zum Hereinschnuppern wies ihr die JobCenter ARGE daher eine Arbeitsgelegenheit, sprich einen Ein-Euro-Job, im St. Antonius-Heim der Caritas zu.
"Direkt am zweiten Tag sollte ich ganz allein einen Patienten waschen und ihm die Windeln wechseln", berichtet die 30-Jährige. Auch Medikamente hätte sie verabreichen sollen. Das sind aus ihrer Sicht ganz klar Aufgaben für ausgebildete Pfleger. Außerdem wies sie darauf hin, dass sie keine Hepatitis-Impfung habe. Da sei ihr gesagt worden, man wolle erst einmal gucken, ob sie am Ball bleibe, denn eine Hepatitis-Impfung koste 150 Euro. Agnietzka Y. hat sich daher nach eigenen Angaben am dritten Tag einen Krankenschein genommen. Daraufhin erhielt sie von der Caritas "aus Gründen fehlender Motivation" die Kündigung.
Krankenschein
Die Anschuldigungen von Agnietzka Y. weist Klaus Neumann, Geschäftsführer der Caritas, zurück. Auf keinen Fall habe Frau Y. Windeln wechseln müssen, denn das sei in der Tat eine Aufgabe für ausgebildete Pfleger. "Sie käme auch niemals an Medikamente ran", unterstreicht Neumann. Darüber hinaus sei die Betroffene nur zwei Tage da gewesen, am dritten Tag habe sie sich bereits krank gemeldet.
Die JobCenter ARGE betont, dass eine Wertung des Falls schwierig sei, da er von beiden Seiten völlig unterschiedlich dargestellt werde. Es sei nicht Aufgabe der ARGE, den Arbeitsalltag einer AGH ständig zu prüfen. Der AGH-Antrag der Caritas sei eingehend geprüft und die Zusätzlichkeit der Tätigkeit habe glaubhaft dargestellt werden können, so ARGE-Pressesprecher Markus Schulte. "Die Gefahr der Verdrängung von Stammpersonal haben wir nicht gesehen." Auch die Mitarbeitervertretung der Caritas habe ohne Vorbehalte, Auflagen und in vollem Umfang allen beantragten AGH-Stellen zugestimmt. Die ARGE nehme im Verlauf eines Antragszeitraumes, aber auch bei konkreten Hinweisen wie im jetzigen Fall, vor Ort Kontrollen vor. Dies sei bei der Caritas in einem anderen Heim im September vergangenen Jahres geschehen. "Dabei konnten keine Auffälligkeiten festgestellt werden. Dem Prüfbericht nach werden die AGH-Teilnehmer ausschließlich in Begleitung von Stammpersonal beschäftigt", so Schulte. "Wir werden aber dennoch den vorliegenden Fall entsprechend des Hinweises von Frau Y. eingehend prüfen. Ansonsten liegen uns aber bislang keine negativen Rückmeldungen vor."
Agnietzka Y. beginnt demnächst einen Ein-Euro-Job bei einem städtischen Altenpflegeheim. - kiwi
Quelle: Ruhr Nachrichten vom 13. August 2007