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Wen wollen die Verantwortlichen mit den Monatskarten für 29.90 € und 33.04 € eigentlich erreichen? Zu den Gründen für die mangelnde Nachfrage

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Die Westfälische Rundschau hat die Zahlen akribisch zusammengetragen. Danach konnte sich bislang nicht mal jeder zwanzigste Berechtigte (von rd. 850.000 insgesamt*) für das vom VRR angebotene „Sozialticket“ erwärmen. Auch in Dortmund Katerstimmung: Von den ehemals 24.500 Abonnenten sind knapp 7.100 übrig geblieben, trotz Erweiterung des Berechtigtenkreises um die Gruppe der Wohngeldbezieher.

Die für Erwerbslose und Geringverdienende gedachten rabattierten Monatstickets leiden erheblich unter Akzeptanzproblemen. Sie entwickeln sich zu Ladenhütern. Warum? Weil diese „Angebote“ der Stadt Dortmund bzw. des Verkehrsverbunds VRR an den Bedürfnissen und Möglichkeiten einkommensschwacher Haushalte schlicht vorbeigehen.

Beide „Angebote“ haben eine lange Vorgeschichte und sind Ergebnis fauler Kompromisse, wobei sich insbesondere die Vorstände der größeren Verkehrsunternehmen DSW, Bogestra und Rheinbahn als ausgesprochen störrisch erwiesen haben. Sie verwahren sich gegen eine soziale Verantwortung ihrer Unternehmen (gegenüber der Region und ihren Menschen) und verweisen stoisch auf das Primat der Wirtschaftlichkeit. So, als handelte es sich um private Busunternehmer.

Auch der VRR-Vorstand tickt da nicht anders. Auf die Frage der Abgeordneten Beuermann, von der Fraktion Die Linke im Landtag, ob „es nicht zeitgemäß wäre, wenn der VRR in seine Satzung einen sozialpolitischen Auftrag aufnehmen würde“, entgegnete der Vorstandssprecher der VRR AöR, Martin Husmann, klipp und klar: „Nein. Es ist nicht Aufgabe des VRR, Sozialpolitik zu treiben.“**)

Man merkte es ihm bei der Antwort deutlich an, dass es ihm allein bei der Fragestellung - oder genauer gesagt: bei dem Ansinnen – innerlich schüttelt.

 

Der Kompromiss im VRR wirft viele Fragen auf, zum Beispiel diese:

1. Frage: Wozu brauchen wir nach dem 2-jährigen Modellversuch in Dortmund – mit einem gut angenommenen Ticket zum Preis von 15 € - eigentlich noch einen weiteren 14-monatigen Pilotversuch?

2. Frage: Wen wollen die Verantwortlichen im VRR mit der Monatskarte für 29,90 € eigentlich erreichen? Knapp 30 Euro sind eine Menge Geld für jemanden, der von 374 € (plus „angemessene Wohnkosten“) im Monat leben muss.
Und ist es nicht logisch, dass es sich bei denen, die bei diesem Preis noch zugreifen, vielfach um Menschen handelt, die schon bisher im Besitz einer regulären Monatskarte waren – weil sie einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen, in einer Maßnahme der Arbeitsverwaltung stecken, einen Verwandten pflegen, der nicht im gleichen Haus bzw. gleichen Stadtteil lebt, oder vielleicht täglich eine Arztpraxis aufsuchen müssen (z.B. als Dialyse-Patient)?

3. Frage: Wie sollen Menschen halbwegs am normalen Leben ihrer Stadt teilnehmen, wenn sie sich nicht mal die öffentlichen Verkehrsmittel leisten können? Oder darf man aus der Preispolitik von VRR und Stadt Dortmund schließen, dass sie der Meinung sind, Angehörige der ärmeren Bevölkerungsgruppen sollen sich gefälligst mit dem abfinden, was sie fußläufig erreichen können und im eigenen Stadtteil (bzw. im eigenen Dorf) vorfinden?
Vielleicht aber verhält es sich auch so - bestimmte Bemerkungen am Rande legen diesen Gedanken nahe -, dass maßgebliche Kreise im VRR einfach nicht wollen, dass "diese Leute" - gemeint die Armen - ihre tollen Busse und Bahnen bevölkern. Es könnte ja dem mühsam aufgebauten Positiv-Image des ÖPNV an Rhein und Ruhr schaden... So was würde natürlich nie jemand öffentlich sagen - ein Aufschrei wäre gewiß. Da ist es doch weitaus geschickter, sich hinter irgendwelchen Zahlen und Satzungsbestimmungen zu verstecken.

Etwas böse Fragen, ich weiß. Aber es muss erlaubt sein, die eigentlichen Gründe für die mangelnde Nachfrage nach den Sozialticket-“Angeboten“ aufzuspüren. Denn hinterher, so viel ist schon jetzt gewiss, werden die Verantwortlichen uns weismachen wollen, es gäbe unter den Betreffenden gar keinen wirklichen Bedarf nach mehr Mobilität.

Heiko Holtgrave, AKOPLAN

 

*)  Diese 850.000 stellen die Grundgesamtheit derer dar, die die Zugangsvoraussetzungen des VRR erfüllen, also berechtigt wären, und in einer der am Pilotprojekt beteiligten Kommunen leben. Nicht enthalten sind also die entsprechenden Personen aus Dortmund, Hagen, Remscheid, Krefeld, Wuppertal und Teilen des Kreises Mettmann.

**) zitiert aus: Protokoll der Öffentlichen Anhörung „Mobilität und soziale Teilhabe sind Grundrechte – Ein landesweites Sozialticket ist eine Notwendigkeit“ im Haus des Landtags am 8. November 2011, S. 25

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